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Nicht alle Menschen können ihren täglichen Essensbedarf decken – und dennoch gibt es Lebensmittel im Überfluss. In Grombühl bemüht sich seit vier Jahren eine Initiative der katholischen Pfarrei St. Josef in Zusammenarbeit mit der Würzburger Tafel um einen Ausgleich. Weihbischof Ulrich Boom war dort zu Besuch, um sich zu informieren und mit anzupacken.

Freitagnachmittag im Pfarrzentrum Grombühl: Im Flur im Keller herrscht buntes Treiben. Einkaufstrolleys stehen reihenweise an den Wänden, Menschen mit leeren Einkaufstüten sitzen, stehen und warten. Stimmengewirr ist aus allen Ecken zu vernehmen. Viele fremdländisch klingende Satzfetzen sind zu hören. Währenddessen herrscht im Ausgaberaum nebenan emsiges Schaffen. Etliche ehrenamtliche Mitarbeiter, unter ihnen Weihbischof Ulrich Boom, sortieren eifrig Lebensmittel in Kisten ein und stellen diese auf eine lange Tischreihe.

In zahlreichen Kisten und Kartons stapeln sich Brote, Süßwaren, Kuchen, diverse Obst- und verschiedene Gemüsesorten. Bevor die Ausgabe beginnt, muss alles sortiert und von eventuell leicht angeschlagenen Blättern befreit werden. Um 15 Uhr geht die Tür des Ausgaberaums auf, ein Mann tritt ein. "Was darf es sein?", fragt Weihbischof Boom. Der Mann deutet auf die Waren, die er gern hätte. Alles wird in die mitgebrachten Tüten eingepackt. "Darf es sonst noch etwas sein?" Der Mann schüttelt den Kopf, er habe jetzt alles.

Vor der Ausgaberaumtür notiert ein ehrenamtlicher Helfer am Anmeldetisch eifrig auf einer Liste, wer anwesend ist und welche individuelle Nummer jedem zugeteilt wurde. Als Nachweis für Bedürftigkeit muss man einen Bescheid über Hartz IV, Grundsicherung oder einen Rentenbescheid vorlegen. Alle Bedürftigen werden mit Namen und Anzahl der Familienmitglieder notiert, sodass die Lebensmittel gerecht aufgeteilt werden und niemand zu kurz kommt.

Dass der Mann im schwarzen Hemd mit dem weißen ringförmigen Kragen, der ihnen die Lebensmittel ausgegeben hat, der Würzburger Weihbischof ist, haben die Menschen gar nicht wahrgenommen. "Das ist auch gut so", sagt der Weihbischof später. Denn sein Einsatz hier sei keine "Promotiontour", damit der Bischof ein Gesicht bekomme. Vielmehr gehe es darum, "dass die Menschen beim Bischof ein Gesicht bekommen". Mit der Arbeitsweise des Ladens sei er bestens vertraut: Während seiner Amtszeit als Pfarrer in Miltenberg habe er ab und zu im dortigen Martinsladen ausgeholfen.

Die Grombühler Tafelinitiative ist aus der ökumenischen Nachbarschaftshilfe hervorgegangen. Man habe im Rahmen der Nachbarschaftshilfe festgestellt, dass es nicht nur Not an Beziehungen, sondern auch materielle Not gebe, erklärt Ulrike Shanel, die das Ganze koordiniert. "Bevor der Laden aufgemacht wurde, standen die Menschen regelmäßig vor dem Pfarrhaus", berichtet sie. Aber so groß ist die Speisekammer des Pfarrers auch nicht, also wurde die Idee mit Unterstützung von Pfarrer Josef Treutlein und der Würzburger Tafel umgesetzt.

Bis zu 60 Menschen werden hier einmal in der Woche bedient. Das Spektrum reicht von Akademikern bis Ungelernten. "Ich halte das für eine sehr gute Entwicklung, dass die Pfarrei die Initiative ergriffen hat, weil sie die Nöte der Menschen gesehen hat", sagt Klaus Korbmann, der für die Gemeindecaritas im Caritasverband zuständig ist. Er glaubt, dass wenn politische Entscheidungsträger ähnliche Erfahrungen machten wie der Weihbischof, würden die vielen Sonntagsreden anders ausfallen.

Da ist sich Weihbischof Ulrich Boom nicht ganz sicher. "Ich glaube, der Mensch hört zuerst das, was aus dem Lautsprecher kommt", sagt er. "Die Not aber kommt in der Regel leise daher." Man lebe in einer Kultur, in der alle den starken Mann spielen müssten, daher werde die Armut oder Hilfsbedürftigkeit stigmatisiert. "Wir sind aber nicht immer stark und mächtig, sondern häufig schwach und ohnmächtig." Die Aufgabe der Verantwortlichen in der Kirche müsse sein, der Not verstärkt Gehör zu verschaffen.

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