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„100 Prozent liebevolle Pflege“ fordern die beiden großen christlichen Kirchen und ihre Verbände Caritas und Diakonie. Warum es so schwer ist, dieses Ziel zu erreichen, darauf macht der Pflegetruck aufmerksam, der seit März 2015 durch Bayern tourt und nun zwei Tage in Würzburg Halt macht.

In seinem leuchtenden Grün ist der Pflegetruck, der am 1. und 2. Oktober am Würzburger Vierröhrenbrunnen steht, kaum zu übersehen. Und das ist auch gut so, denn er soll darauf aufmerksam machen, dass die Rahmenbedingungen für gute Pflege immer schwerer werden. Es mangelt nicht nur am Nachwuchs, sondern auch an Zeit, und die bürokratischen Vorgaben werden Jahr für Jahr umfangreicher. „Das Engagement für ältere Menschen gehört schon immer zum Kern der caritativen Tätigkeiten“, betonte Stefan Weber, Geschäftsführer des Caritasverbandes für die Stadt und den Landkreis Würzburg, bei der Eröffnungsveranstaltung mit Vertretern der beiden Kirchen und Wohlfahrtsverbände. Es sei daher besonders wichtig, für eine Verbesserung der Situation in der Pflege einzutreten.

Pflege braucht Zeit, Geld und Mitarbeit 

Die verschiedenen Stationen des Pflegetrucks sollen für diese Herausforderungen sensibilisieren. Eine überdimensionale Pflege-Sanduhr zeigt Besuchern beispielsweise, wie knapp die Zeit für Pflegekräfte bemessen ist. Zeit für Pflege, aber auch für Gespräche und Betreuung, Zeit für das, was Pflege menschlich und liebevoll macht. Das ist wiederum nur möglich, wenn mehr Personal zur Verfügung steht. Eine dauerhaft schulgeldfreie Ausbildung wäre hier wünschenswert, wie es von den Altenpflegeschulen HALMA e. V. und Juliusspital bereits angeboten wird. 

Pflegomat" und Touchscreen

Wie schwierig es ist, mit beschränkten finanziellen Mitteln eine würdevolle Pflege zu ermöglichen, zeigt der „Pflegomat“ im Inneren des Pflege-Trucks. Interessierte erhalten hier neun Chips – symbolisches Geld –, die sie dem Automaten für pflegerische Leistungen und menschliches Miteinander geben müssen. Ein Chip für ein Gespräch, einer fürs Baden, ein weiterer für einen Spaziergang, und plötzlich sind schon fast alle Chips weg. Deutlicher könnte man nicht zeigen, dass Pflege auch Geld braucht. Die Beiträge für die Pflegeversicherung wurden zwar erhöht, laut Caritas und Diakonie reicht das allerdings nicht aus.

Auf einem großen Touchscreen im grünen Truck werden Fragen beantwortet wie „Wie viel verdiene ich?“ „Was macht Spaß an dieser Arbeit?“. Denn Berufe in der Altenpflege haben besonders bei jungen Menschen ein eher schlechtes Image. Um hier Aufklärung zu leisten und zu zeigen, wie erfüllend Berufe im Pflegebereich sein können, stehen Auszubildende und Pflegekräfte aus Würzburger Einrichtungen für Gespräche zur Verfügung. „Die meisten haben ein vollkommen falsches Bild von unserem Beruf“, erzählt eine Auszubildende des Caritas-Marienheims, die in ihrem signalgrünen Pflegetruck-Shirt vor einer Säule steht, die veranschaulicht, wie viele Altenpflegeschüler nötig wären. Der Beruf sei sehr vielseitig, die Aufstiegs- und Weiterbildungsmöglichkeiten überdurchschnittlich gut. „Außerdem bekommt man von den Menschen sehr viel zurück“, sagt sie. „Dankbarkeit und Wertschätzung.“

Alterssimulator und Spezialbrille 

Wer wissen möchte, wie es sich anfühlt, auf Hilfe angewiesen zu sein, kann für ein paar Minuten in die Rolle eines älteren Menschen schlüpfen und den Alterssimulator der Altenpflegeschule HALMA e. V. testen, seine Augen mit einer speziellen Brille um 50 Jahre altern lassen oder sich in einen Rollstuhl setzen. So manchem wird dann womöglich am deutlichsten bewusst, wie wichtig es ist, dass Pflege zu 100 Prozent liebevoll sein sollte.  

Am Freitag, 2. Oktober, ist der Truck als Teil der „Nacht der offenen Kirchen“ von 13 bis 22 Uhr geöffnet.
 

Julia Eyrisch

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