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Bis vor 24 Jahren ist Margot Damjakob als Gemeindereferentin und Religionslehrerin aktiv gewesen, dann ging sie in Ruhestand. Allzu ruhig sind ihre Rentenjahre jedoch nicht: „Ich spiele im Matthias-Ehrenfried-Haus Gitarre für Senioren“, erzählte die 83-jährige Teilnehmerin am dritten ökumenischen „Tag des Ehrenamts“. Außerdem bringt sie einem afghanischen Flüchtling seit neun Monaten das Gitarre spielen bei.

Zahlreiche Ehrenamtliche aus Gemeinden, Pfarreien und Einrichtungen der katholischen und evangelischen Kirche nutzten den „Tag des Ehrenamts“ im Matthias-Ehrenfried-Haus (ME-Haus) in Würzburg, um sich für ihre freiwillige Arbeit Anregungen zu holen und andere Engagierte kennen zu lernen. Die von der „Ökumenischen Arbeitsgemeinschaft Citypastoral Würzburg“ organisierte Veranstaltung zeigte, wie weit gefächert das ehrenamtliche Engagement von Senioren im Dekanat Würzburg ist; viele sind seit Jahren, manche seit Jahrzehnten freiwillig aktiv. Nicht selten finden Ehrenamtliche durch Zufall die Aufgabe, die ihnen Spaß macht; So sprach Christina Moczynski, Bildungsreferentin im MEHaus, Margot Damjakob an, ob sie nicht beim Seniorensingen zur Gitarre greifen könnte. Gern sagte die betagte Dame zu. Damjakob wirkt jedoch im ME-Haus nicht nur ehrenamtlich mit, sie nutzt auch die zahlreichen Angebote der Einrichtung. So kam sie in Kontakt zu dem afghanischen Jugendlichen, der nun bei ihr Gitarre lernt: „Er saß vor knapp einem Jahr bei einem Vortrag neben mir.“ 

SECHS JAHRZEHNTE EHRENAMT

Auf fast 60 Jahre ehrenamtliches Engagement kann Karl-Heinz Metzger zurückblicken. Schon als kleiner Junge ministrierte er. Neben seinem beruf engagierte sich der Selbständige später im Pfarrgemeinderat von Stift Haug. Heute leitet er dort den Liturgieausschuss, außerdem kümmert er sich um die Kirchenverwaltung. Auch Wolfgang Kruse ist in einer Gemeinde aktiv. „Ich leite den Seniorenkreis der Deutschhaus-Kirche“, berichtet der 74-jährige Protestant. Dieses Amt erfordert eine gehörige Portion Kreativität. Spannende Theman müssten gefunden und entsprechend umgesetzt werden. Es gelte, gute Referenten zu gewinnen, außerdem sei ein technisches Händchen notwendig, schließlich gehörten Beamer und Laptop inzwischen zu jeder professionellen Präsentation dazu. In sein Ehrenamt lässt Kruse seine beruflichen Erfahrungen einfließen: „Ich habe lange eine Fachoberschule der Bundeswehr geleitet.“ 

VIELE TIPPS UND ANREGUNGEN

Gerade für Menschen, die ehrenamtlich mit Senioren zu tun haben, bot der „Tag des Ehrenamts“ eine Fülle von Anregungen für ihre Einsatzfelder. Vor allem jüngere Senioren interessiert zum Beispiel, wie sie später leben können, wenn sie in ihrer Wohnung nicht mehr so gut allein zurecht kommen. Inzwischen gibt es viele Alternativen zum Umzug ins Heim. So stellte der 70-jährige Architekt Hermann Wördehoff, Vorsitzender des Vereins „Wohnen in Gemeinschaft – Jung und Alt“ das Wohnprojekt einer Initiative in Würzburg-Oberdürrbach vor: In 13 Wohnungen sollen unterschiedliche Generationen in drei Wohnblocks gemeinschaftlich leben. Im Dezember wurde Richtfest gefeiert.

An die Musikliebe vieler Senioren knüpfte Lilo Halbleib beim „Tag des Ehrenamts“ an. Die Musik-Geragogin (Alters-pädagogin, Anmerkung der Redaktion) beschäftigt sich intensiv mit dem Veeh-Harfen-Spiel. Die Teilnehmerinnen ihres Schnupperkurses im ME-Haus erfuhren, dass man keinerlei Notenkenntnis für dieses Instrument braucht. In kürzester Zeit gelingt es sogar, einen Kanon mehrstimmig zu spielen. 

Interessant für Seniorinnen und Senioren ist es auch, auf ihr Leben zurückzublicken, sich auf die Anfänge ihrer Biografie zu besinnen, das Jetzt und Hier zu reflektieren und Wünsche an die verbleibenden Lebensjahr zu formulieren. In der Biografie-Arbeit können sie in die eigene Vergangenheit eintauchen und nachvollziehen, wie man der Mensch wurde, der man im Alter ist. Andrea Steinruck vom ABZ Heiligkreuz zeigte auf, wie Biografie-Arbeit mit Hilfe des Symbols „Baum“ praktisch umgesetzt werden kann. Gemeinsam etwas zu erleben, auch das ist ein großer Wunsch vieler Senioren. Oft scheitert die Verwirklichung an fehlender Mobilität: Man ist auf den Rollator angewiesen, wohnt aber in einem Haus ohne Aufzug – und kommt deshalb kaum noch vor die Tür. Hier setzt die Initiative „... eine schöne Zeit“ des ME-Hauses an. Jeweils bis zu zwölf Senioren mit eingeschränkter Mobilität erhalten einmal im Monat genügend Unterstützung, um an Ausflügen teilnehmen zu können. Getragen wird das Projekt von Christina Moczynski sowie von drei ehrenamtlichen Seniorinnen: Erika Rose, Ingrid Weimann-Bergmann und Irmgard Ingendahl. Auf die Bedeutung von Gesprächsräumen, wie sie das ME-Haus bietet, wies Lucia Lang-Rachor vom Referat Ehe- und Familienseelsorge der Diözese Würzburg hin. In solchen Gesprächsräumen treffen sich Großeltern mit ihren Enkeln und erzählen. Bewusst gestaltete Räume, beispielsweise ein Erzählcafé, ermöglichen Lang-Rachor zufolge Begegnungen, die im Alltag oft zu kurz kommen: „Wenn hingegen der Raum da ist, braucht es meist gar kein weiteres Programm.“

THEMA: TRAUER 

Wer ehrenamtlich mit Senioren arbeitet, muss auch damit rechnen, mit belastenden Themen konfrontiert zu werden. Vielleicht erkrankt der Teilnehmer eines Seniorenkreises schwer. Oder die Lebensgefährtin eines Mitglieds im Pfarrgemeinderat stirbt. Dann ist es gut zu wissen, wohin man sich wenden kann. In und um Würzburg gibt es eine Fülle von Angeboten zum Thema „Trauer“, zeigte Michael Marx, Diözesanbeauftragter für Trauer- und Hospizseelsorge im Bistum auf. Die Augustiner helfen mit ihrem "ZwischenRaum", Trauer zu bewältigen, die Malteser bieten Trauerbegleitung und Trauerwandern an. Die Vielzahl an Angeboten im Blick zu haben, ist für Ehrenamtliche eine Herausforderung. Noch anspruchsvoller ist es, ein Netzwerk zu knüpfen, in das die eigene Organisation oder Initiative eingebunden ist. Sich aktiv zu vernetzen, kann die eigene Arbeit immens erleichtern, legte Diakonin Martina Fritze dar; etwa dadurch, dass so ein Pool an Referenten aus den Organisationen der Netzwerkpartner zur Verfügung steht. 

Pat Christ

veröffentlicht mit freundlicher Genehmigung des WÜRZBURGER KATHOLISCHES SONNTAGSBLATT (Ausgabe18/2016)

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