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Am 24. Juni feiert der Krisen- dienst Würzburg sein 25-jähriges Bestehen. Die Beratungsstelle, die Hilfe in akuten Krisen - insbesondere in suizidalen Krisen - für Betroffene und Angehörige anbietet, wird während der Öffnungszeiten jährlich von rund 500 Personen in Anspruch genommen.

Hinzu kommen ca. 700 Telefonkontakte in den Abend- und Nachtstunden, wobei die Zahl der nächtlichen Anrufe von 0 bis 12 variieren kann. In ganz Bayern gibt es nur fünf Krisendienste: zwei in München, einen in Nürnberg, einen in Regensburg und - zum Glück - einen in Würzburg, denn obwohl Krisen zum Leben gehören, gibt es kein flächendeckendes Angebot von spezialisierten Kriseninterventionsstellen.

Krisen gehören zum Leben
Jeder Mensch durchlebt im Laufe seines Lebens Krisen. Auslöser sind oft einschneidende Erlebnisse, wie Verlust durch Trennung oder Tod, Krankheit, Umzug, aber auch die Geburt eines Kindes, Gewalterfahrungen oder Probleme in Schule und am Arbeitsplatz können Krisen auslösen. Menschen in einer Krise befinden sich an einem Wendepunkt, an dem eine Entscheidung von ihnen gefordert ist. Was aber wenn sie keine Entscheidung treffen können, ihnen plötzlich das Handwerkszeug fehlt, ihre Situation zu  meistern?
Betroffene schildern ihre Situation meist als zermürbend und ausweglos. Gedanken kreisen. Bisherige Lösungsstrategien funktionieren nicht mehr. Nicht selten kommen frühere Probleme, Erlebnisse hoch. Versagensängste bilden sich: „Andere schaffen das doch auch, warum ich nicht?“ Sie ziehen sich zurück, der Lebensmut sinkt. Wem sollten sie sich auch anvertrauen, wem ihre Panikattacken, Depressionen, Suizidgedanken zumuten? Also kreisen die Gedanken weiter. Mittendrin im Teufelskreis!

Warum ist Krisenhilfe so wichtig?
Krisen sind immer individuell und erfordern Soforthilfe. Menschen in einer Krise brauchen schnelle Reaktionen, konkrete Hilfen und Verbindlichkeit. „Wir achten darauf, dass keine langen Wartezeiten entstehen“, erläutert die Psychologin Waltraud Stubenhofer, Leiterin des Krisendienstes, „und halten immer Nottermine für den nächsten Tag vor.“ Der Krisendienst Würzburg bietet telefonische und persönliche Beratung (auch Hausbesuche sind möglich) an, auf Wunsch auch anonym und in jedem Fall kostenfrei.

Stärkung der Widerstandskraft
Ein Fokus in der Krisenintervention liegt in der Stärkung der Widerstandskraft, auch Resilienz genannt. Mit Hilfe von Langzeitstudien haben Psychologen herausgefunden, dass die Resilienz auf bestimmten Fähigkeiten basiert: Akzeptanz, Selbstverantwortung, Selbstwirksamkeit, Optimismus,  Lösungsorientierung und Netzwerkorientierung. Denn wer die Wirklichkeit und damit verbundene unangenehme Gefühle des Ärgers oder der Trauer nicht leugnet, sich selbst nicht als Opfer der Umstände sieht, sondern Verantwortung für sein Handeln und Leben übernimmt, daran glaubt, Einfluss auf sein Leben zu haben und etwas an der Situation ändern zu können, weiß, dass es schwere Zeiten im Leben gibt, die sich wieder zum Positiven wenden können. Der Blick in die  Zukunft wird dann wieder möglich. Es gelingt wieder, sich an veränderte Bedingungen anzupassen, die richtigen Schlüsse aus dem, was passiert ist zu ziehen und daraus zu lernen, Hilfe von außen anzunehmen und sich Freundschaften aufzubauen, die in schweren Zeiten Unterstützung bieten.

Erreichbarkeit gewährleisten, wenn andere Beratungsstellen geschlossen haben
Der Krisendienst in Würzburg ist von montags bis freitags in der Zeit von 14:00 bis 18:00 Uhr mit pädagogischen und psychologischen Fachkräften besetzt, die für persönliche oder telefonische Beratungsgespräche zur Verfügung stehen. Zusätzlich übernehmen täglich, an 365 Tagen im Jahr, Fachkräfte aus sozialen, psychologischen oder psychiatrischen Diensten ehrenamtlich den telefonischen Bereitschaftsdienst in der Zeit von 18:30 bis 0:30 Uhr.

Krisenintervention braucht gute Netzwerke
„Viele Anrufer, ob Selbstbetroffene, Freunde oder Angehörige, können wir mit unserem ambulanten Unterstützungsangebot gut begleiteten“, erklärt die stellv. Krisendienstleiterin Sonja Liebig. „Wir geben den Problemen der Ratsuchenden Raum und halten sie aus. Manchmal reicht ein Einzelkontakt aus, wir können einem Ratsuchenden, wenn nötig, aber auch bis zu zehn Termine anbieten“, so Liebig weiter. Was die Fachleute nicht anbieten können, sind langfristige Therapien, deshalb informieren sie über Beratungs- und Therapieangebote bei anderen Fachstellen, bahnen neue Wege an und ermutigen. Wenn sie Gefahr im Verzug fürchten, informieren sie auch Polizei oder Rettungsleitstelle. Wichtige Bausteine ihrer Arbeit sind auch die Öffentlichkeitsarbeit, kollegiale Beratung und Fortbildungsangebote sowie Schulung und Supervision der Ehrenamtlichen.

Träger des Krisendienstes
ist die Arbeitsgemeinschaft „ökumenische Telefonseelsorge und Krisendienst Würzburg/Main-Rhön“ (Diakonisches Werk Würzburg und Caritasverband für die Stadt und den Landkreis Würzburg e.V.). Die Finanzierung erfolgt überwiegend durch den Bezirk Unterfranken und durch die Eigenbeteiligung des Trägers. Zudem erhält der Träger Zuschüsse vom Bayerischen Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familien und Frauen und  der Deutschen Rentenversicherung.

Claudia Jaspers

Krisendienst Würzburg
Kardinal-Döpfner-Platz 1, 97070 Würzburg
Öffnungszeiten:
Montag bis Freitag 14:00 bis 18:00 Uhr
Beratungstermine können auch für Zeiten außerhalb der Öffnungszeiten vereinbart werden
Telefonischer Bereitschaftsdienst:
täglich 18:30 bis 0:30 Uhr
Telefon: 0931/571717

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